Reeserplatz

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Die Skulpturarchitektur für den Reeser Platz in Düsseldorf besteht aus einem Erdhügel und einem Metallsteg und ist als künstlerisch kommentierender Eingriff im Rahmes eines international ausgeschriebenen Wettbewerbs konzipiert. Der Wettbewerbs strebte eine „kritische künstlerische Kommentierung“ des 39er-Denkmal an.

Der Wettbewerbsentwurf entstand in gemeinsamer Autorschaft von Ultrastudio und Jürgen Wiener, Professor für Kunstgeschichte an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf.

Der Entwurf wurde von der Kunstkommission Düsseldorf mit dem 1. Preis des ausgelobten Ideenwettbewerbs versehen.

„Die begehbare Skulptur als Brücke gewährt der Betrachterin/dem Betrachter neue Perspektiven auf das Denkmal und den Platz. Dabei werden Aufmarschplatz, das Biotop auf der Rückseite und die Parkanlage räumlich verbunden und aus verschiedenen Blickwinkeln erlebbar. Der Blick von oben auf das Denkmal entlarvt das von der Vorderseite mächtig wirkende Bauwerk als schmale Kulisse. Die Jury lobt die klare Formsprache und Grundidee des Entwurfs in der Auseinandersetzung mit der gesamten Anlage unter Berücksichtigung der Wettbewerbsaufgabe (...).“
(Auszug aus der Juryentscheidung der Kunstkommission Düsseldorf.
 https://kunstkommission-duesseldorf.de/1-preis-reeser-platz.html)


Konzeption


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Die Skulpturarchitektur ist als begehbarer Steg mit Schneckenberg konzipiert. Die Gestaltung ist als diagonale Durchstreichung des rechtwinklig angelegten Reeser Platzes angelegt, welche sich aus der Luftperspektive auf Karten und Navigationsystemen unmissverständlich als kritische Kommentierung manifestiert. Dem Betrachter öffnet sich durch Hinaufsteigen über den Schneckenberg zum Steg eine veränderte Perspektive über das ansonsten flache Terrain. Man nähert sich erstmals von hinten und oben dem 39-Denkmal. Aktiv handelnd verweigert man somit dem Denkmal als handelnde Person damit die ursprünglich intendierte Rezeption, die auf starre Überwältigung angelegt war. Aus der erhöhten Betrachterperspektive öffnet sicb der Blick auf die umliegend Siedlung, so dass von hier aus eine kritische Auseinandersetzung mit der gesamten städtebaulichen Situation möglich wird - dies soll auch als Verweis verstanden werden, das kriegsverherrlichende Monument nicht als singuläre Manifestation aufzufassen, sondern stets als Zeugnis innerhalb eines vielschichtigen gesellschaftlichen und städtebaulichen Zusammenhangs. 




Der Steg über das Denkmal ist aber auch eine Verbindung einer bisher seperierten Platzgestaltung. Der Reeser Platz wird erkennbar als dreigeteiltes Ensemble aus Denkmalsplatz, grüner Freifläche und einem wenig gestalteten Unort dazuwischen, der als kleines Wäldchen die beiden Platzseiten voneinander trennt. Dieses Wäldchen wird durch den Steg zu einem erlebbaren Raum, den man auf Baumkronenniveau durchschreiten kann. 
Der Steg ist bewusst auf der Seite des 39er-Monuments als Sackgasse gestaltet und verweigert damit dem Besucher die Möglichkeit zur finalen Überwindung des Denkmals. Dies soll als ermahnendes Moment empfunden und verstanden werden, dass sich die Geschichte niemals überwinden lässt. Konträr zu dieser bedrückenden Verweigerung des Hinabschreitens soll die Seite des Hügels dem Gesellschaftlichen Leben zugewandt sein und als Erweiterung des Spielplatzes eine belebende Funktion für den Reeser Platz bieten.

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Freiraumgestaltung

Die Freifläche des Reeser Platzes gliedert sich in drei Abschnitte: der strenge Vorplatz und das Denkmal, einer biotopartigen Zone hinter dem Monument und einer Parkanlage, in der sich der ehemalige Wendehammer der Straßenbahn abzeichnet und der zum größten Teil durch eine Wiese geprägt wird.

Die Entwicklung der Platzfläche vor und hinter dem Denkmal kann nicht unterschiedlicher sein. Die Stimmung des Gedenkens mit geordnetem Baumspalier steht dem Leben mit Biotop, Spielplatz und einer Freifläche mit Kiosk gegenüber. Die neue Architekturskulptur Those who have crossed verbindet diese Elemente. Dabei wird dem militaristischen Denkmal eine neue Sichtweise und ein durchkreuzendes Element beigefügt. Auf der anderen Seite erweitert sich die Fläche des Spielplatzes um einen Hügel, der neue Möglichkeiten und eine gesteigerte Aufenthaltsqualität bietet.

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Der Vorplatz wird dominiert von der Architektur und Achse des Denkmals mit seiner Symmetrie und Monumentalität, die durch das Bodenraster gesteigert wird.

Das Biotop zwischen dem Denkmal und der Parkanlage wird durch einen dichten und ungestalteten Bewuchs geprägt. Die Zweiteilung des Platzes wird durch diese Vegetation besonders befördert.

Die Parkanlage vereint öffentliche Interessen der Naherholung wie einen Kinderspielplatz und ein Büdchen mit einer ehemaligen Nutzung (durch Schienen).

Technische Erläuterung – Brücke

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Der Stahlbrücke hat eine Grundfläche von 120qm. Sie hat eine Breite von 2,40 m und eine Länge von 50 m. Das U-Profil der Brücke 2,40 m x 1,60 m wird aus Baustahl geschweißt. Die Brücke hat ein Transportgewicht von 50 Tonnen und wird in 2 Teilen auf die Baustelle per Schiff geliefert und verschraubt. Ein Autokran hebt die Teile auf eine Höhe von 6,40 m, 1 m über dem Denkmal, auf die Betonstütze im Hügel und auf eine verchromte Stahlstütze mit einem Profil von 0,5 m. Mit Hilfe von Schwingungsdämpfern im Bereich der Stützenköpfe wird das Aufschaukeln des 14,50 m langen Kragarmes verhindert.

Im Innern des Hügels befindet sich eine fundamentierte Betonstütze mit einem Durchmesser von ca.0,5 m zur Lastabtragung. An deren Außenseite wird die Stromversorgung der Brücke angebracht, der Anschluss an das Versorgungsnetz sowie der zugängliche Verteilerkasten zur Revision. Die Planungs- und Genehmigungszeit wird mit ca. 6 Wochen kalkuliert. Für die Ausführungszeit werden durch eine Fachfirma ca.12 Wochen benötigt. Der Baubeginn sollte im Frühjahr liegen. Der Baustahl und seine Fertigung sind wartungsfrei.

Technische Erläuterung – Hügel

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Der elliptisch geformte Hügel hat eine Grundfläche von 250 qm. Er ist 15 m breit, 22 m lang und 6,40 m hoch. Es werden 600 cbm Erdreich eingebracht und modelliert. In das Erdreich werden Grassamen eingestreut. Das Gras gibt dem Hügel seine gleichmäßige Oberfläche. Über ein 50 m langen Weg und 1,50 m breiten Weg erreicht man die Brücke auf 6,40 m Höhe. 24 Betonstufen strukturieren den Weg und ermöglichen ein gutes Steigungsverhältnis.

Der Weg ist im Sinne des Kunstwerkes nicht barrierefrei gestaltet. Der Plegeaufwand reduziert sich auf die Pflege des Grashügels. Die Planungs- und Genehmigungszeit der Maßnahme wird mit ca. 6 Wochen kalkuliert. Für die Ausführungszeit werden durch eine Fachfirma ca.12 Wochen benötigt. Der Baubeginn sollte im Frühjahr liegen.

Topologie des Reeserplatzes

Die Geschichte des Reeser Platzes kann in engem Zusammenhang mit der Düsseldorfer Kunstpolitik der 1920er und 30er Jahre verstanden werden. Die Strukturierung des Platzes erfolgte noch während der Planung für den Neubau der Kunstakademie. In den 30er Jahren erfolgte der Bau der angerenzenden Schlageter-Siedlung, die unter anderem zehn Künstlerhäuser umfasste. Die Gestaltung des 39er Denkmals wiederum zeugt von den ikonoklastischen Auseinandersetzungen zwischen den 1920er (ursprüngliches 39er Denkmal von Jupp Rübsam, 1928) und der Kunstauffassung des Nationalsozialismus (erhaltenes 39er Denkmal von 1939). Der Reeser Platz weist städteplanerisch keine zusammenhängende Gestaltung auf, vielmehr teilt sich der Platz in drei Teile, dem gepflasterten Bereich mit dem Denkmal, einem biotopartigen Bereich hinter dem Monument und der Parkanlage mit Spielplatz und Kiosk an der Kaiserswerther Straße. Dies ist begründet in der Unentschlossenheit der Stadtplanung, die in den 1920er Jahren an dieser Stelle ihren Ausgang nahm, da dort überhaupt kein Platz geplant worden ist. Dann wurde das von der Stadt um 1925 gekaufte Areal 1936/37 genutzt, um – ohne jeden urbanistischen Anspruch und in ausschließlich funktionalistischer Weise – eine Wendeschleife für die Straßenbahn anzulegen, wodurch sich eine Lücke in der Bebauung manifestierte, die zunächst gerade vermieden werden sollte. In einer dritten Phase kam 1939 das Denkmal hinzu, wodurch die Peter-Gemeinder-Straße verkürzt wurde (heute Josef-Knab-Straße), die zuvor als einzige Stelle die Verbindung von Reeser Platz und Schlageter-Siedlung hergestellt hat und dadurch signalisiert worden ist, dass hier das Schlageter-/ Schaffendes-Volk-Areal an der Rheinseite begann. Die Idee einer gezielten Öffnung zum Rhein hin, wie sie seit den Plänen von 1912 für die neue Akademie und die Messe und dann im Bebauungsvorschlag von 1935 konzipiert worden war, klingt hier nach, allerdings mit dem aggressiv militaristischen Unterton einer Ausrichtung zum ‚Erbfeind‘ (gemeint ist Frankreich) hin. Die beidseitige Baumbepflanzung unterstreicht dies bis heute und trägt wesentlich zur Isolierung eines Orts bei, an dem eigentlich Kontinuität und eine Verbindung gefordert wäre.

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