REESERPLATZ    Düsseldorf 2020   

KONZEPTION

Mit der Skulpturarchitektur Those who have crossed (aus T. S. Eliot The Hollow Men, 1925) , soll dem tragischen Moment, dem das 39‘ Denkmal gewidmet ist, gerecht werden. So erinnert das Denkmal nicht nur an den (vermeindlichen) Tod von Menschen und es ging den Bauherren niemals um die heilende Verarbeitung eines kollektiven Traumas. Die Toten präsentieren sich im nationalsozialistischen Entwurf vielmehr in Form eines auferstehenden Militarismus und Revanchismus. Dieser Interpretation setzt die Skulpturarchitektur Those who have crossed dezidiert einen neuen Blickwinkel entgegen. Auch wird die gebrochene Funktionalität und Uneinheitlichkeit des Platzes überwunden, indem die Begehbarkeit der Skulpturarchitektur einen neuen Erfahrungsraum eröffnet. Ein neues Element verbindet die Geradlinigkeit des Platzes vor dem 39’er Denkmal mit der Weite des rückwärtigen Geländes zum Rhein hin. In Nord-Süd-Ausrichtung konterkariert der Eingriff das bestehende Denkmal allein durch seine Materialität. Revanchismus und Militarismus erfahren auf diese Weise eine präsente Durchkreuzung ohne das historische Ensemble zu berühren. Erhöht erlebt der Besucher nicht nur einen neuen Blick nach unten auf einen Teil der Stadt und ihrer Geschichte, sondern der Besuch erlaubt einen befreienden Blick in die Gipfel der Bäume.

TOPOLOGIE DES REESERPLATZES

Die Geschichte des Reeser Platzes kann in engem Zusammenhang mit der Düsseldorfer Kunstpolitik der 1920er und 30er Jahre verstanden werden. Die Strukturierung des Platzes erfolgte noch während der Planung für den Neubau der Kunstakademie. In den 30er Jahren erfolgte der Bau der angerenzenden Schlageter-Siedlung, die unter anderem zehn Künstlerhäuser umfasste. Die Gestaltung des 39er Denkmals wiederum zeugt von den ikonoklastischen Auseinandersetzungen zwischen den 1920er (ursprüngliches 39er Denkmal von Jupp Rübsam, 1928) und der Kunstauffassung des Nationalsozialismus (erhaltenes 39er Denkmal von 1939). Der Reeser Platz weist städteplanerisch keine zusammenhängende Gestaltung auf, vielmehr teilt sich der Platz in drei Teile, dem gepflasterten Bereich mit dem Denkmal, einem biotopartigen Bereich hinter dem Monument und der Parkanlage mit Spielplatz und Kiosk an der Kaiserswerther Straße. Dies ist begründet in der Unentschlossenheit der Stadtplanung, die in den 1920er Jahren an dieser Stelle ihren Ausgang nahm, da dort überhaupt kein Platz geplant worden ist. Dann wurde das von der Stadt um 1925 gekaufte Areal 1936/37 genutzt, um – ohne jeden urbanistischen Anspruch und in ausschließlich funktionalistischer Weise – eine Wendeschleife für die Straßenbahn anzulegen, wodurch sich eine Lücke in der Bebauung manifestierte, die zunächst gerade vermieden werden sollte. In einer dritten Phase kam 1939 das Denkmal hinzu, wodurch die Peter-Gemeinder-Straße verkürzt wurde (heute Josef-Knab-Straße), die zuvor als einzige Stelle die Verbindung von Reeser Platz und Schlageter-Siedlung hergestellt hat und dadurch signalisiert worden ist, dass hier das Schlageter-/ Schaffendes-Volk-Areal an der Rheinseite begann. Die Idee einer gezielten Öffnung zum Rhein hin, wie sie seit den Plänen von 1912 für die neue Akademie und die Messe und dann im Bebauungsvorschlag von 1935 konzipiert worden war, klingt hier nach, allerdings mit dem aggressiv militaristischen Unterton einer Ausrichtung zum ‚Erbfeind‘ (gemeint ist Frankreich) hin. Die beidseitige Baumbepflanzung unterstreicht dies bis heute und trägt wesentlich zur Isolierung eines Orts bei, an dem eigentlich Kontinuität und eine Verbindung gefordert wäre.

FREIRAUMGESTALTUNG

Die Freifläche des Reeser Platzes gliedert sich in drei Abschnitte: der strenge Vorplatz und das Denkmal, einer biotopartigen Zone hinter dem Monument und einer Parkanlage, in der sich der ehemalige Wendehammer der Straßenbahn abzeichnet und der zum größten Teil durch eine Wiese geprägt wird.

DER VORPLATZ wird dominiert von der Architektur und Achse des Denkmals mit seiner Symmetrie und Monumentalität, die durch das Bodenraster gesteigert wird.

DAS BIOTOP zwischen dem Denkmal und der Parkanlage wird durch einen dichten und ungestalteten Bewuchs geprägt. Die Zweiteilung des Platzes wird durch diese Vegetation besonders befördert.

DIE PARKANLAGE vereint öffentliche Interessen der Naherholung wie einen Kinderspielplatz und ein Büdchen mit einer ehemaligen Nutzung (durch Schienen).

Die Entwicklung der Platzfläche vor und hinter dem Denkmal kann nicht unterschiedlicher sein. Die Stimmung des Gedenkens mit geordnetem Baumspalier steht dem Leben mit Biotop, Spielplatz und einer Freifläche mit Kiosk gegenüber. Die neue Architekturskulptur Those who have crossed verbindet diese Elemente. Dabei wird dem militaristischen Denkmal eine neue Sichtweise und ein durchkreuzendes Element beigefügt. Auf der anderen Seite erweitert sich die Fläche des Spielplatzes um einen Hügel, der neue Möglichkeiten und eine gesteigerte Aufenthaltsqualität bietet.

TECHNISCHE ERLÄUFTERUNG

BRÜCKE

Der Stahlbrücke hat eine Grundfläche von 120qm. Sie hat eine Breite von 2,40 m und eine Länge von 50 m. Das U-Profil der Brücke 2,40 m x 1,60 m wird aus Baustahl geschweißt. Die Brücke hat ein Transportgewicht von 50 Tonnen und wird in 2 Teilen auf die Baustelle per Schiff geliefert und verschraubt. Ein Autokran hebt die Teile auf eine Höhe von 6,40 m, 1 m über dem Denkmal, auf die Betonstütze im Hügel und auf eine verchromte Stahlstütze mit einem Profil von 0,5 m. Mit Hilfe von Schwingungsdämpfern im Bereich der Stützenköpfe wird das Aufschaukeln des 14,50 m langen Kragarmes verhindert. Im Innern des Hügels befindet sich eine fundamentierte Betonstütze mit einem Durchmesser von ca.0,5 m zur Lastabtragung. An deren Außenseite wird die Stromversorgung der Brücke angebracht, der Anschluss an das Versorgungsnetz sowie der zugängliche Verteilerkasten zur Revision. Die Planungs- und Genehmigungszeit wird mit ca. 6 Wochen kalkuliert. Für die Ausführungszeit werden durch eine Fachfirma ca.12 Wochen benötigt. Der Baubeginn sollte im Frühjahr liegen. Der Baustahl und seine Fertigung sind wartungsfrei.

HÜGEL

Der elliptisch geformte Hügel hat eine Grundfläche von 250 qm. Er ist 15 m breit, 22 m lang und 6,40 m hoch. Es werden 600 cbm Erdreich eingebracht und modelliert. In das Erdreich werden Grassamen eingestreut. Das Gras gibt dem Hügel seine gleichmäßige Oberfläche. Über ein 50 m langen Weg und 1,50 m breiten Weg erreicht man die Brücke auf 6,40 m Höhe. 24 Betonstufen strukturieren den Weg und ermöglichen ein gutes Steigungsverhältnis. Der Weg ist im Sinne des Kunstwerkes nicht barrierefrei gestaltet. Der Plegeaufwand reduziert sich auf die Pflege des Grashügels. Die Planungs- und Genehmigungszeit der Maßnahme wird mit ca. 6 Wochen kalkuliert. Für die Ausführungszeit werden durch eine Fachfirma ca.12 Wochen benötigt. Der Baubeginn sollte im Frühjahr liegen.

LICHT

In Höhe der Baumwipfel macht eine brücken-artige Konstruktion die drei Zonen des Platzes erfahrbar. Die kräftige und reduzierte Bauform geleitet den Passanten vom Rhein durch die Wipfel der Vegetation zur Strenge des Vorplatzes. Der Weg durch das Baumgrün ermöglicht neue Perspektiven und erlaubt einen veränderten Blick auf das Denkmal. Optisch unterstützt wird diese Passage durch eine Lichtband in energiesparender LED-Technik (Lichtstärke, Zeitintervall werden zu prüfen sein). Diese ist in der Höhe des Handlaufes angebracht und erleuchtet den Weg. Besonders in der Nacht scheint das Licht auf diese Weise auch über den Rand der Architekturskulptur, so dass ihre verbindende Funktion auch aus der Distanz erfahrbar wird. In der Dämmerung transformiert sich die Materialität der Installation so zu einem ephemären Erlebnis. Der gesamte Platz, der nachts ansonsten in Dunkelheit fällt, wird nun durch ein Lichtband ausgezeichnet.

BRÜCKE

Das zentrale Element der Architekturskulptur Those who have crossed findet sich in der Form einer Brücke. Stahlplatten bilden ihre reduzierte Form, die sich auf die wesentlichen Elemente beschränken: ein Boden und eine umlaufende Brüstung bilden ein Wannen-artiges 50 Meter langes Element, in dem sich die Besucherinnen und Besucher bewegen können, um die verschiedenen Bereiche des Reeser Platzes zu erfahren. Die Brücke führt sie in die Höhe der Bäume und über die offenen Flächen des Platzes. An jeder Stelle bieten sich neue Sicht- und Bezugspunkte zur bekannten Stadt.

Die Brücke ist so konstruiert, dass sie vor dem Denkmal als frei schwebendes Element wahrgenommen wird. Ihre Materialität wird zugunsten einer Leichtigkeit aufgelöst. Auf der Rückseite des historischen Denkmals liegt sie auf einem Hügel auf, der sich organisch aus dem bestehenden Untergrund erhebt. Dieser Hügel fügt sich in die bestehende Situation und fügt dem Spielplatz eine weitere Aufenthaltsqualität hinzu.

Die Ästhetik einer brutalen Vergangenheit wird nicht versteckt, sondern neu sichtbar und überschreitbar gemacht. Die verbindende Qualität einer Brücke zeigt sich in ihrer öffnenden Eigenschaft, die verschiedene Bereiche verbindet.